Beitrag vom 16.11.2010 (Quelle anpfiff.info)

"Ich dachte, wir spielen gegen den Abstieg"

Unterleiterbach obenauf!

von Bernd Riemke

Vor Saisonbeginn musste der FSV Unterleiterbach einen gehörigen personellen Aderlass verkraften, der zwar nominell aufgefangen wurde, doch die Neuverpflichtungen stammten überwiegend aus unterklassigen Vereinen. Inzwischen straft die Mannschaft ihren eigenen Trainer lügen und steht nach dem ersten Rückrundenspieltag in der Bezirksliga auf dem zweiten Rang!


Beim Blick auf die Tabelle kann sich Peter Linz derzeit entspannt zurücklehnen.

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Herr Linz, Ihr Vorgänger Rolf Radeck äußerte unlängst, dass der FSV in der Bezirksliga am oberen Limit angekommen ist. Nun stehen Sie auf dem Relegationsplatz. Schielen Sie schon Richtung Bezirksoberliga?
Peter Linz: Nach oben schauen wir nicht. Ich bin selbst ein wenig überrascht davon, wie gut wir stehen. Wir haben im Sommer fünf Mann verloren, die alle über einige Jahre Bezirksliga-Erfahrung verfügten. Ich dachte eigentlich, wir würden gegen den Abstieg spielen.

Neben Franz Schmuck und Stefan Philipp dürfte vor allem das Karriereende von Bernd Römer etliche Bauchschmerzen bereitet haben.
Peter Linz: Für seine Position hatten wir vor Saisonbeginn Markus Scholz geholt, der den Liberopart ausfüllen sollte. Er hat sich leider erneut verletzt, so dass wir zwei Wochen vor dem ersten Punktspiel auf Viererkette umstellen mussten.

Was man durchaus als gewagtes Unterfangen bezeichnen kann. Gab es für den Liberoposten keine Alternative?
Peter Linz: Wenn ich einen neuen Libero installiert hätte, hätte ich an anderer Stelle eine Baustelle aufgemacht und das wollte ich nicht. Wir haben das erste Heimspiel gegen DVV Coburg 2 gleich 1:4 verloren. Da kam natürlich sofort Kritik auf, aber wir haben das durchgezogen und es hat sich voll bewährt.

Dennoch hatten Sie kaum jemanden in der Mannschaft, der dieses System kannte. Haben Sie die entsprechenden Trainingseinheiten intensiv nachgeholt?
Peter Linz: Meiner Meinung nach kann man das nur im Spiel trainieren. Man muss es einfach machen! Die personelle Besetzung hat sich auch schnell herauskristallisiert. Walter Epp hat schon in der Jugend beim FCE Bamberg in der Viererkette gespielt. Er hat auf der rechten Seite sehr gut eingeschlagen und ist eine echte Macht. Tobias Lurtz kam aus der Kreisklasse vom VfL Mürsbach und spielt auf der linken Seite. Er ist technisch versiert und kann das Spiel ebenso nach vorne antreiben. Dadurch sind wir im Mittelfeld natürlich effektiver. Die Gegentore, die wir bekommen, fallen eher durch Standards, bei denen wir unsere Schwächen haben, und weniger bedingt durch die Viererkette.

Auf der anderen Seite verfügen Sie über ein äußerst effektives Sturmduo.
Peter Linz: Waldemar Mayer und Christian Doppernas sind beide super drauf und ergänzen sich gut, da sie vollkommen unterschiedliche Typen sind. Waldemar Mayer ist nicht unbedingt der klassische Torjäger. Er ist unwahrscheinlich fleißig, marschiert viel und kann den Ball halten. Er schafft Räume für Christian Doppernas, die dieser in unverwechselbarer Manier nutzt. Er ist unglaublich abgezockt. Wenn er eine Chance kriegt, nutzt er sie meist kaltschnäuzig.



Waldemar Mayer (hier re. im Zweikampf mit Stegaurachs Jochen Horbelt) spielt eine glänzende Saison und überzeugt nicht nur als Vollstrecker, sondern auch als wertvoller Vorbereiter.

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Christian Doppernas zählt mit 32 Jahren inzwischen schon zu den „Senioren“ im Team. Welche Perspektiven hat das Team denn mittel- bis langfristig?
Peter Linz: Ein Aufstieg in die Bezirksoberliga ist nicht geplant. Wenn wir mal einen zweiten Platz belegen könnten, wäre das eine tolle Sache, aber darauf können wir nicht spielen. Wir müssen uns von Woche zu Woche konzentrieren und schauen, dass wir unsere Punkte holen. Es gibt ganz andere Mannschaften in der Liga, die mehr Potenzial haben.

Ihr eigenes Potenzial rufen Sie in diesem Jahr auch wieder in den Heimspielen ab. Dafür gelang mit dem 3:1 in Coburg am vergangenen Wochenende erst der erste Auswärtssieg. In der letzten Spielzeit lief es häufig genau anders herum…
Peter Linz: Das ist richtig, wobei wir auswärts auch nur einmal verloren haben. Wir haben oft auch gar nicht schlecht gespielt und beispielsweise in Redwitz nur durch einen persönlichen Fehler den Ausgleich bekommen und in Ebing sogar in Unterzahl einen Rückstand aufgeholt. Mit dem Auftreten auswärts bin ich durchaus zufrieden.

Zumal Sie einen jungen Kader haben, dem vielleicht auf Dauer die Konstanz fehlen wird?
Peter Linz: Wir haben in der Tat in den letzten beiden Jahren die Mannschaft ganz schön verjüngt. Andreas Burkard hat in Oberhaid zuvor auch nur ein Jahr Bezirksliga gespielt und ist ein junger Kerl. Genau wie Christian Simms, der bei uns zuvor meist in der zweiten Mannschaft eingesetzt wurde. Gegen Kronach hatten wir einen Altersdurchschnitt von 24,5 Jahren auf dem Platz stehen. Es konnte niemand erwarten, dass die jungen Spieler so gut einschlagen, daher sehe ich unseren zweiten Platz derzeit auch eher als Momentaufnahme.

Die Bezirksliga ist schnelllebig – beinahe wie eh und je. Schauen Sie trotz der Kronprinzenrolle noch nach hinten?
Peter Linz: Vor dem Spiel in Coburg habe ich das getan und die Jungs darauf hingewiesen, dass wir auch auswärts mal einen Dreier machen müssen. Nun haben wir 27 Punkte und müssen nicht unbedingt auf die letzten drei Plätze gucken, vor allem, weil wir auch überzeugend gespielt und gewonnen haben. Wenn man einmal unter den ersten Fünf steht, will man am Ende nicht Achter werden. Man gewöhnt sich gerne an die guten Positionen. Neue Ziele in Richtung Aufstieg werden wir aber nicht ausgeben.